10 Jahre ist es her, da überraschte GTI Reisen mit der Bekanntgabe der Insolvenz. Ein Schock für viele Touristen in Deutschland. Für 5.000 Urlauber im Ausland wurde die Rückkehr plötzlich zur Tortur. Was steckt dahinter, und wie kann ich Ansprüche geltend machen? Mit Einzug von Corona wurde es für Reiseveranstalter nicht einfacher. Neben der Reisebranche wurde auch das Leben der Menschen erschüttert, ein Fakt. Einschränkungen im öffentlichen Raum bei zeitgleich wachsender beruflicher Freiheit münden in veränderte Bedürfnisse. Reiseanbieter sowie Konsumenten müssen demnach künftig umdenken. Im Folgenden werfen wir einen Blick auf Reisebranche und Trends.
Inhaltsverzeichnis: Das erwartet Sie in diesem Artikel
GTI Reisen: Vom deutschen Markt gut angenommen
GTI Reisen (German Travel International) war bekannt für sein Angebot günstiger Reisen in die Türkei. In seiner Blütezeit lag das in Nordrhein-Westfalen ansässige Unternehmen auf Platz acht der zehn führenden Veranstalter für Urlaubsreisen im deutschen Tourismusmarkt. Bei ca. 600.000 Kunden bewegte sich der Jahresumsatz um die 320 Millionen Euro. Charakteristisch für die Firma waren die eingehenden regionalen Kenntnisse in Kombi mit langjähriger Branchen-Erfahrung und Wirtschaftskompetenzen.
Warum das Aus trotz Standortvorteil von GTI Reisen?
GTI Reisen ist ein Familienunternehmen. 1994 in Düsseldorf gegründet, war es Teil der türkischen Unternehmensgruppe Kayi. Sie umfasste neben der Sky Airlines-Fluggesellschaft und der Riva-Hotelgruppe auch die Reiseveranstalter GTI Polen, DTI in Holland sowie Buchmal-Reisen. Obschon GTI Reisen in Deutschland gegründet wurde, führen die Wurzeln nach Antalya. Die Verbindungen zum Feriengebiet sowie die damit einhergehenden Dienstleistungen stellten einen ausschlaggebenden Faktor dar, wieso jährlich hunderttausende Kunden ihre Reisen bei dem Reiseanbieter buchten. Das Zielland mit den kulturellen Bräuchen der Bewohner sowie die touristischen Infrastruktur war den bis zu 4.000 Mitarbeitern gut bekannt. So konnten sie stets individuell zugeschnittene Services für die Urlauber bereithalten. Das geschätzte Portfolio umfasste ebenso genaue Qualitätskontrollen. 2013 meldete die Kayi Group Insolvenz an, was auch GTI Reisen betraf. Missglückte Verkäufe von Unternehmensbeteiligungen sowie Fehlplanungen im Airline-Geschäft gab das Unternehmen offiziell als Gründe an.
Das Gericht klagt an: schwere Vorwürfe stehen im Raum
Schwere Vorwürfe wurden sechs Jahre nach der Pleite von GTI Reisen gegen den ehemalige Vorstandsvorsitzenden der Firma laut, und er musste sich vor Gericht verantworten. Untreue und betrügerischer Bankrott waren Anklagepunkte, die dem per Haftbefehl international Gesuchten nach seiner Festnahme in der Ukraine zur Last gelegt wurden. Trotz besseren Wissens soll er laut Staatsanwaltschaft die Zahlungsunfähigkeit nicht ordnungsgemäß gemeldet haben. Auch soll er sich privat an der Firmenkasse vergriffen haben. Als Tatvorwurf wurde die Unterschlagung von 10,5 Millionen Euro genannt. Drei Komplizen sind ihrer Verhaftung zum Verhandlungs-Zeitraum noch einmal entgangen. Der Grund für die plötzliche Pleite von GTI Reisen liegt laut der Ehefrau des Hauptangeklagten in kurzfristig verwehrten Krediten. Die Größenverhältnisse lagen hier bei 45 Millionen Euro.
Bundesland | Februar 2020 | Januar 2021 | Prozentuale Veränderung |
---|---|---|---|
Baden-Württemberg | 6,3% | 7,7% | +22,2% |
Bayern | 4,8% | 6,6% | +35,9% |
Berlin | 7,3% | 9,8% | +35,0% |
Brandenburg | 5,9% | 7,5% | +28,0% |
Bremen | 7,9% | 10,8% | +42,0% |
Hamburg | 7,8% | 8,5% | +8,9% |
Hessen | 6,4% | 8,0% | +25,0% |
Mecklenburg-Vorpommern | 5,6% | 7,6% | +35,0% |
Niedersachsen | 4,9% | 6,6% | +35,0% |
Nordrhein-Westfalen | 6,8% | 8,9% | +32,0% |
Rheinland-Pfalz | 5,3% | 7,8% | +47,0% |
Saarland | 7,2% | 8,2% | +14,0% |
Sachsen | 7,0% | 10,4% | +4,8% |
Sachsen-Anhalt | 9,8% | 12,6% | +28,0% |
Schleswig-Holstein | 4,3% | 6,0% | +40,0% |
Thüringen | 6,4% | 6,8% | +6,6% |
Quelle: CRIF Bürgel, Vergleich Februar 2020 vs. Januar 2021, Stand Februar 2021 |
Geschockte Reisende sitzen fest dank Insolvenz
Als 2013 alle Mitglieder der Kayi Group und damit GTI Reisen die Insolvenz bekannt geben mussten, waren viele Reisende geschockt. Plötzlich und unerwartet traf die Entscheidung ca. 5.000 Pauschaltouristen, die sich auf einmal im Ausland gestrandet sahen. Weitere 70.000 traf es kurz vor Reiseantritt. Wie würde es mit der bereits gebuchten Reise weitergehen? Diese Kunden hatten die Möglichkeit zwischen Kompensationsangeboten konkurrierender Anbieter zu wählen. Während die einen Reisen zurückgeholt wurden, konnten sich andere zwischen einer Erstattung der Kosten oder Alternativrouten zu ihren Urlaubszielen entscheiden. Solche Fälle verunsichern den Verbraucher zu Recht. Dieser hat vor dem Hintergrund von Corona ein größeres Bedürfnis nach Sicherheit und Flexibilität
Wie sich die Reisebranche entwickelt
Der deutsche Tourismusmarkt baut unabhängig von den Verwicklungen bei GTI Reisen nicht unbedingt auf einer robusten ökonomischen Basis. Mickrige Umsatzrendite von zwei bis drei Prozent werden selbst in blühenden Zeiten als erstrebenswert angesehen. Es ist daher keine Überraschung, dass sich gemäß einer Studie des Deutschen Reiseverbands (DRV) mittlerweile etwa zwei Drittel der Reiseveranstalter von einer Pleite bedroht fühlen. Insbesondere mittlere und kleine Anbieter sehen nur geringe Überlebenschancen für ihr Geschäft. Eine Rolle spielen die von Unsicherheit geprägten Umstände der Pandemie und daneben die Tatsache, dass kleine Familienbetriebe durch die Konsolidierungsbestrebungen der Branche verdrängt werden. Ein Urlaubsziel, dass die gesundheitlichen Regularien eben erst losgeworden ist, kann sich quasi über Nacht wieder zum Risikogebiet entwickeln. Die Liquidität der Unternehmen wird durch die damit einhergehenden Stornierungskosten in Mitleidenschaft gezogen.
Führende Reiseveranstalter im deutschsprachigen Raum
Im Zuge der Urlaubsplanung, landet man häufig direkt oder indirekt bei einem großen Reiseveranstalter. Die Unterbringung der Reisenden sowie Beförderung und optional die Dienste des Reiseleiters zählen zu den Hauptreiseleistungen. Häufig erfolgt eine Auslagerung der Organisation vom Reiseveranstalter. Hier erhalten Sie einen Überblick führender Reiseveranstalter im deutschsprachigen Raum:
Insolvenz à la GTI Reisen: Ist mein Geld weg?
Wie GTI Reisen meldet mein Reiseanbieter kurz vor Erfüllung des Vertrages Insolvenz an. Was kann ich nun tun? In dem Fall besteht die Möglichkeit seine Ansprüche gegenüber der Insolvenzversicherung geltend zu machen.
Geld zurück mit dem Sicherungsschein
Bei Reisebuchung erwirbt man das Recht mit Aushändigung des sogenannten Sicherungsscheins. Vor einer Zahlung ist es ein Muss diesen zu übergeben. Bei Nichterfüllung des Vertrags, ist es das Recht des Kunden alle Kosten inklusive der Anzahlungen zurückzuverlangen. Dafür muss jedoch die Voraussetzung erfüllt sein, dass die Insolvenzmasse über genügend Mittel verfügt, alle Geschädigten auszubezahlen. Davon ist nicht immer auszugehen. Oftmals fließt nur ein Anteil der Einzahlungen schnell zurück und das nur zu einem kleinen Prozentsatz. Hier sollte man sich auf Monate, wenn nicht Jahre einstellen bis man einen nennenswerten Geldbetrag zurückbekommt.
Insolvenz muss nicht das Aus für den Urlaub sein
Sofort nach Veröffentlichung der Pleite sollten Geschädigte das Unternehmen kontaktieren und sich eine schriftliche Bestätigung des Sachverhalts ausstellen lassen. Es müssen nicht zwangsläufig sämtliche Geschäftsbeziehungen enden, nur weil eine Meldung zur Insolvenz erfolgt. Um sich ankündigende Schäden zu begrenzen oder sogar zu vermeiden, werden oft kurzfristige Überbrückungsmaßnahmen eingeleitet. Trotz Insolvenzverfahren können geplante Reisen also stattfinden, wenn entsprechende Vereinbarungen getroffen wurden.
Neuer Trend Heimaturlaub
Das Leben der Menschen wird von Covid auf den Kopf gestellt. Ganz besonders das Reisen trifft es. Unbeschwerte Urlaubsplanung ist in den letzten zwei Jahren quasi zum Fremdwort geworden, zu unwägbar die Regelungen, die die Pandemie im In- und Ausland nach sich zog. Nach monatelangem Lockdown durften deutsche Hotels und Ferienunterkünfte im Mai 2021 wieder stufenweise öffnen. Selbst die preisintensiven Unterkünfte waren auf Sylt in Rekordzeit ausgebucht. Hauptsache raus, egal um welchen Preis. „Revenge Travel“ war angesagt. Die unkompliziertere Planung von Urlaubszielen innerhalb Deutschlands kommt dabei vor allem den Bedürfnissen von Familien entgegen.
Bundesland | Übernachtungen in Millionen | Davon internationale Gäste |
---|---|---|
Bayern | 94,36 | 19,12 |
Berlin | 31,15 | 13,98 |
Baden-Württemberg | 52,93 | 11,39 |
Nordrhein-Westfalen | 51,51 | 10,99 |
Hessen | 34,10 | 7,67 |
Rheinland-Pfalz | 22,22 | 5,24 |
Niedersachsen | 43,49 | 3,76 |
Hamburg | 13,82 | 3,44 |
Sachsen | 19,51 | 2,05 |
Schleswig-Holstein | 29,89 | 2,01 |
Mecklenburg-Vorpommern | 29,75 | 1,00 |
Brandenburg | 13,09 | 0,96 |
Sachsen-Anhalt | 8,13 | 0,63 |
Thüringen | 9,92 | 0,62 |
Bremen | 2,44 | 0,49 |
Saarland | 3,08 | 0,46 |
Quelle: Statistisches Bundesamt, Stand 2017 |
Ferienwohnung hängt Hotel ab
Der Trend zum Heimaturlaub ist ungebrochen. Ein inländisches Reiseziel, das mit dem Auto zu erreichen ist, lässt hinsichtlich der aktuellen Unsicherheiten weniger böse Überraschungen vermuten. Ohne Einspannung eines Reiseveranstalters à la GTI Reisen fällt immerhin die Sorge um eine Pleite weg. Laut Analyse von HomeToGo, einem Marktplatz für Ferienunterkünfte, war Deutschland das beliebteste Reiseziel der Deutschen im Jahr 2021. Dabei nannten 44,4 Prozent der Teilnehmer die Heimat als Urlaubsziel. Unter Betrachtung des Vorjahrs wurde eine Steigerung von 61 Prozent erreicht. An der Spitze der beliebten deutschen Reiseziele tummeln sich dabei Ostsee, Nordsee sowie Bayern. Die Ferienwohnung mausert sich dabei ebenso zum Trend. Besonders für Familien ist sie eine ideale, flexiblere Alternative zum Hotel.
Unternehmen wie GTI Reisen müssen sich angesichts veränderter Reisebedürfnisse anpassen
Nach den anstrengenden Pandemiemonaten ist das Verlangen nach Erholung und Erlebnissen groß. Die Reisekasse ist zudem gefüllt, da Großteils auf Ausgaben verzichtet wurde. Im vergangenen Jahr musste man daher schnell sein, wenn man ein beliebtes deutsches Urlaubsziel buchen wollte. „Revenge Travel“ hieß das Motto. Die Bedürfnisse der Verbraucher verändern sich dabei insgesamt. Darauf hat unter anderem die neue Arbeitnehmerflexibilität Einfluss. Arbeit und Reisen gehen immer stärker ineinander über, womit sich andere Anforderungen an Transportmittel und Unterkunft ergeben.
Flexiblere Angebote erforderlich
Kurz- sowie langfristige Buchung sollte bei einer künftigen Mischung aus Unterkunft und Arbeitsplatz möglich sein. Hierin liegt die Herausforderung für Anbieter. Der Bedarf der Verbraucher zeigt sich in den durchgängig hohen Auslastungszahlen von Serviced Apartements und der hohen Nachfrage nach Ferienwohnungen. Auch bei Stornierungskonditionen und Reisedaten werden deutlich mehr Möglichkeiten gewünscht. Eine flexible Buchung wurde von Reisenden im Jahr 2021 über 600 Prozent häufiger bei HomeToGo gesucht als noch im Vorjahr.